K-Pop-Phänomen Monsta X: Zu schön, um zu weinen - SPIEGEL ONLINE
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Die Welt des K-Pop ist fremd, zuckrig und sehr unterhaltsam. Unsere Autorin Anja Rützel hat sich auf das Berlin-Konzert von Monsta X gewagt - und war berauscht von so viel Schönheit des Unbekannten.
Auf einmal ist man hundert Jahre alt. Mindestens jedenfalls entschieden greisig, eine plötzlich dann doch sehr alte Frau, die rein gar nichts mehr von dem versteht, was die Herzen der jungen Menschen lodern lässt.
Vermutlich ist das der Preis, den man zahlen muss, wenn man sich als kompletter K-Pop-Ahnungsloser durch dieses Kaninchenloch quetschen will, durch das man eigentlich aus gutem Grund nicht mehr hindurch passt, hinter dem aber eine buntere, aufregendere Welt zu warten scheint: Koreanische Popmusik, in der Version der Boyband Monsta X.
Man hat schon mal BTS und Blackpink gehört, die hierzulande gerade prominentesten Genre-Vertreter. Man hat sich selbst bereits für eine westliche Boyband halswund geschrien, genau genommen ist das letzte Mal gerade erst drei Wochen her. Aber das hier ist etwas anders: Der ganze Anstehklumpen vor der Berliner Mercedes-Benz-Arena atmet reine Hingabe, das Grobe, Gemeine hat hier keinen Platz, alle haben sich outfitmäßig verputzigt.
Für seine Fans ist jedes Genre mehr als nur eine Musikrichtung, immer hängen da ja eigene Codes, Vokabeln, Mythen dran. Diese hier sind für den Uninformierten besonders schwer zu entschlüsseln.
Man staunt über die enorm brüllstarken kleinen Körper
Zum Beispiel das K-Pop-Ritual des "High Touch", eine Wimpernschlagaudienz mit den Bandmitgliedern, die es auch heute nach dem Konzert geben wird, erwerbbar gegen Aufpreis: Alle Monsta-Xler stellen sich in einer Reihe auf, mit abklatschbereit erhobenen Händen - und die auf Linie gebrachte Menge marschiert, ebenfalls patschfertig, an ihnen vorbei.
Erlauschte Fachtermini kann man vor dem Konzert noch fix ergooglen - "Bias" heißt im K-Pop jenes Gruppenmitglied, für das man sich besonders begeistern kann: Wonho oder Minhyuk? Kihyun oder Hyungwon? Joohoney, Shownu oder I.M.?
Die Monsta-X-Fans werden von der Band "Monbebes" genannt. Und Monbebes sind sehr, sehr laut. Man staunt über die enorm brüllstarken kleinen Körper, die sich schon vor dem Konzert warm kreischen. Sehr viele Konzertbesucherinnen - sie sind deutlich in der Überzahl - winken mit Leuchtstäben, als wollten sie in der Halle ein Flugzeug landen, tatsächlich versuchen sie aber nur, ihre Freundinnen zu sich zu lotsen.
Die meisten schwenken dabei etwas, was wie eine Mischung aus Taschenlampe und Freiheitsstatuenfackel aussieht. Jede Band habe ihren eigenen "Lightstick", lasse ich mir von meiner Sitznachbarin erklären. Der von Monsta X hat in seinem Leuchtkegel ein zu einer Art Eiskristall ver-3d-fachtes M eingearbeitet. Er kann konstant leuchten oder blinken. Die Exemplare der jüngsten Generation wechseln außerdem die Farbe und sind zusätzlich über eine App steuerbar.
Als das Konzert beginnt, wird es noch lauter und man selbst nochmal 20 Jahre älter. Zu hören ist klassischer hochkalorischer Pop, begleitet von siebenkörperigem Synchrontanz, auch mal Boyband-Moves aus den Archiv-Katakomben. Was Monsta X besonders gut können: So tun, als hätten sie über ihren schwarz-goldenen Frackjäckchen noch ein zweite, unsichtbare Schicht Kleidung, aus der sie sich nun herausschälen - sexy Dezenz, das ist etwas neues.
Das Konzert wird von sonderbaren, minutenlangen Redeeinlagen unterbrochen
Die Musik ist abwechslungsreicher und weniger süßstofflich als erwartet. Zwischendurch gibt es natürlich auch klimpernde Schmusi-Watte, aber dann spaltet sich Monsta X irgendwann in drei Sub-Units, die stilistisch diverser kaum sein könnten.
Die ersten drei, in ihren Anzügen wie frisch konfirmierte Dandys, covern "Myself" von Bazzi. Die beiden Rapper der Gruppe (am leichtesten zu identifizieren: Joohoney und I.M.), die in den bisherigen Liedern immer wieder mal mit ihren Parts den Poplack aufratschten, liefern sich ein Battle mit Samurai-Untertönen. Und die verbliebenen zwei Mitglieder tanzen, getrennt von einer Wand, ein schmachtendes Dramolett.
Später tritt Hyungwon mit einem kleinen DJ-Set einen der niedlichsten Raves los, den man je gesehen hat.
Zwischen den musikalischen Einlagen werden Videos eingespielt: Eine "MonTube"-Persiflage, in der die Bandmitglieder diverse Kategorien von Youtube-Tutorials nachspielen. Außerdem wird das Konzert immer wieder von sonderbaren, minutenlangen Rede-Einlagen unterbrochen, bei denen die Band auf der Bühne steht und zum Publikum spricht.
Man bilanziert das bislang geschehene, komplimentiert sich innerhalb der Gruppe gegenseitig für die bisherigen Leistungen, beschwört unter verschwenderischer Aufbietung von Handherzen die ewige Monbebe-Liebe, fragt schmollig nach, ob das Publikum die ersten Lieder wohl schon wieder vergessen habe und moderiert conferencierhaft die nächsten Titel an.
So ein Ment kann auch schon mal zehn Minuten dauern
"Ment" heißt dieses bei K-Pop-Konzerten übliche Element, ergibt die Online-Blitzrecherche. Die meisten Monsta-X-Mitglieder sprechen kein Englisch. Ein Simultanübersetzer hilft aus. Manchmal klingen die Bandmitglieder dann wie sehr ernsthafte Kleingartenvereinsvorsitzende bei der Jahreshauptversammlung: "Danke, dass ihr so zahlreich erschienen seid! Wir haben das Konzert sehr hart vorbereitet und werden uns weiter bemühen."
So ein Ment kann auch schon mal zehn Minuten dauern, die Monbebes bringt das nicht aus dem Konzept. Die Freude, mit der jedes Wiederauftreten von Monsta X nach zwischenzeitlich verdunkelter Bühne beschrillt wird, ist die reine Welpeneuphorie glücklicher Hunde, die jeden Morgen beim Aufwachen immer wieder aufs Neue komplett aus dem Häuschen sind, dass man sich wieder sieht, dass man tatsächlich noch lebt.
Dieses kollektiv herausgeschriene, ungetrübte Glück strahlt eine entwaffnende Unschuld aus. Am Ende ist das hier dann aber doch keine hormonneutrale Angelegenheit. Am lautesten ist das Geschrei wohl als Wonho, der Muskeligste von allen, ganz am Ende sein Hemd auszieht.
Es ist gleichzeitig schlimm und absolut herrlich
Im letzten Drittel schmilzt der Analysewille: Egal, was das genau ist, wie gut das ernsthaft musikalisch ist, für wen das marktökonomisch gemacht ist: Es macht Spaß, wenn man sich dann doch einfach hineinplumpsen lässt, und dazu mangels bandspezifischem Leuchtstab altomahaft die olle Smartphonetaschenlampe schwenkt.
Das 15-minütige Abschluss-Ment ist ein Mix aus von anderen Kontexten leidvoll bekannten Was-ich-in-diesem-Workshop-gelernt-habe-Abschlussrunden und überemotionaler, inhaltlich etwas flachbrüstiger Referatgruppe. Nacheinander richten alle sieben persönliche Abschiedsworte an die Monbebes. "Don't be sad, because you are too beautiful to cry". Es ist gleichzeitig schlimm und absolut herrlich.
Berauscht von so viel Schönheit des Unbekannten, Unverständlichen, die man eben nur sehen kann, wenn man das Fremde und Befremdliche nicht mit dem ersten Reflex wegschnaubt, erwägt man auf dem Heimweg nach drei Stunden Konzert zum ersten Mal zumindest für ein paar Sekunden, einen dieser würdelosen, grauslichen E-Roller auszuprobieren. Die Herzensverhärtung setzt gerade rechtzeitig wieder ein.
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2019-07-14 12:49:00Z
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