Harvey Weinstein: Stumm und gebeugt | ZEIT ONLINE - ZEIT ONLINE
Judul : Harvey Weinstein: Stumm und gebeugt | ZEIT ONLINE - ZEIT ONLINE
link : Harvey Weinstein: Stumm und gebeugt | ZEIT ONLINE - ZEIT ONLINE
Stumm und gebeugt – Seite 1
"Sie sind hier für Harvey?", fragt ein Sicherheitsbeamter. "Ich wünschte, es wäre schon vorbei ...", seufzt er. Tatsächlich hat der Prozess gegen den einstigen Filmproduzenten Harvey Weinstein erst am Montagmorgen Ortszeit im Criminal Justice Court auf der Lower East Side von Manhattan begonnen, er soll sechs bis acht Wochen dauern.
Die Staatsanwaltschaft wirft Weinstein vor, im Jahr 2013 eine bislang nicht namentlich bekannte Frau in einem New Yorker Hotelzimmer vergewaltigt und sieben Jahre zuvor die ehemalige Produktionsassistentin Mimi Haleyi in seiner Wohnung sexuell missbraucht zu haben. Weinstein stritt im Vorfeld nicht ab, dass es mit beiden Frauen zum Geschlechtsverkehr gekommen sei. Dieser sei jedoch einvernehmlich geschehen. Sollte die Geschworenenjury der Darstellung Weinsteins folgen, müsste er freigesprochen werden.
"Ich denke nicht, dass er das wird", sagte der Anwalt Douglas Widgor vor Verhandlungsbeginn ZEIT ONLINE, während er auf den Einlass zum Gerichtssaal wartete. Widgor vertritt bei der Verhandlung das namentlich noch nicht bekannte mutmaßliche Vergewaltigungsopfer. Die Frau soll wie Haleyi und vier weitere Frauen, die angeben, Opfer von Handlungen sexualisierter Gewalt durch Weinstein geworden zu sein, im Laufe des Prozesses aussagen. "Sechs Frauen, das ist viel ... Es wird schlagkräftig sein", sagte Widgor. "Ich habe große Hoffnungen."
"Verrückt" wird es erst später
Am frühen Montagmorgen hatten sich vor dem Gerichtsgebäude vor allem Medienvertreter eingefunden, die Temperaturen waren unter null Grad, es schneite leicht. Eine junge Frau war gekommen, um Donuts an survivors zu verteilen, also an Opfer sexueller Übergriffe. "Wenn er kommt, dann wollen wir ihm unsere Rücken zukehren", sagte sie über Weinstein. Aber frühmorgens stand sie noch allein hinter einer Absperrung. Im Gerichtssaal im 15. Stock des Criminal Courts befanden sich später im Publikum keine MeToo-Aktivistinnen, zumindest machten sich keine akustisch bemerkbar. Der Saal war voll, aber nicht überfüllt. Erst in etwa zwei Wochen, wenn die Jury zusammengestellt ist, soll es hier "verrückt" werden, hatte eine Reporterin von der US-Tageszeitung New York Daily News in der Warteschlange gemutmaßt.
Als der Angeklagte Weinstein schließlich eintraf und an einer Gehhilfe gestützt langsam in den Gerichtsaal ging, wirkte der einst so große Filmmogul klein. Der 67-Jährige hat sich vor Kurzem einer Rückenoperation unterzogen und ist körperlich sichtlich gezeichnet. Einige Menschen im Publikum schauten sichtlich erschrocken darüber, wie gebrechlich Weinstein erschien. Begleitet wurde der von einer Reihe von Anwälten, darunter dessen Hauptverteidigerin Donna Rotunno. Weinstein nahm vor dem vorsitzenden Richter James Burke Platz.
Der erste Verhandlungstag stand ganz im Zeichen prozessualer Fragen. Die Auswahl der Geschworenen soll dann am Dienstag beginnen. Angesichts der großen Bekanntheit von Harvey Weinstein und der breiten Medienberichterstattung seit der Enthüllung erster Vorwürfe gegen ihn im Oktober 2017 ist es eine vergleichsweise komplizierte Angelegenheit, Menschen zu finden, die unvoreingenommen über den Angeklagten urteilen können. Sobald die Zusammensetzung der Jury feststeht, wird der Prozess mit den Eröffnungsplädoyers von Anklage und Verteidigung fortgesetzt.
Anklage auch in Los Angeles erhoben
Ein Großteil der Anschuldigungen, die gegen Weinstein öffentlich erhoben worden sind, liegen zu lange zurück, um strafrechtlich noch verfolgt zu werden. Andere fielen nicht in die Zuständigkeit des Bundesstaats New York oder bezogen sich auf strafrechtlich nicht relevantes mutmaßliches Verhalten Weinsteins. Ob prominente Frauen wie Gwyneth Paltrow, Angelina Jolie oder Mira Sorvino, die in Medienberichten angegeben haben, ebenfalls Opfer von Weinstein geworden zu sein, in New York in den Zeugenstand treten werden, ist nicht bekannt. Sicher als Zeugin erwartet wird die Schauspielerin Annabella Sciorra, die behauptet, Weinstein habe sie im Winter 1993/94 in ihrer Wohnung in Manhattan vergewaltigt. Dieser Vorwurf ist jedoch nicht Teil der Anklage.
Die stellvertretende Bezirksstaatsanwältin von Manhattan, Joan Illuzzi-Orbon, und die Weinstein-Anwältin Donna Rotunno tauschten am Montag vor Gericht bereits ein scharfes Wortgefecht aus. Illuzzi-Orbon beschuldigte Rotunno, über die Zeuginnen der Anklage "erniedrigende" Aussagen in Medien getätigt zu haben. "Diesen Zeuginnen ist bereits genug Schaden zugefügt worden", sagte Illuzzi-Orbon. In einem Interview mit CNN hatte Rotunno etwa über Annabella Sciorra gesagt, dass diese "eine exzellente Zeugin abgeben wird, weil sie eine Schauspielerin ist". Das sei unter der Gürtellinie gewesen, sagte später auch die Rechtsanwältin Gloria Allred vor dem Gerichtsgebäude. Allred vertritt in dem Prozess gegen Weinstein Mimi Haleyi und Annabella Sciorra.
Der vorsitzende Richter Burke lehnte einen Antrag der Staatsanwaltschaft ab, die Verteidigung daran zu hindern, über den Fall außerhalb des Gerichtssaals zu sprechen. Er forderte jedoch beide Parteien zur Zurückhaltung in der Öffentlichkeit auf.
Während im Gerichtssaal gestritten wurde, bot draußen eine kleine Gruppe von Frauen, die sich Silence Breakersnennen, denjenigen Frauen, die vor Gericht aussagen, ihre Unterstützung an. "Als einer der Silence Breakers stehe ich in Solidarität mit den mutigen Überlebenden, die sich in diesem Prozess gegen Harvey Weinstein stellen", sagte die Schauspielerin und Regisseurin Rosanna Arquette bei einer anschließenden Pressekonferenz in einem nahe gelgenen Park.
Arquette hatte mit anderen Frauen vor dem Gerichtsgebäude auf die Ankunft Weinsteins gewartet. Sie sagte später, der habe wie ein "sehr gebrochener Mann" gewirkt. "Ich glaube, er hat sich ein paar Schauspieltipps zu Herzen genommen", sagte daraufhin die Schauspielerin Rose McGowan, die eine der ersten Frauen war, die sich in Enthüllungsberichten über Weinstein als eines dessen mutmaßlicher Opfer zitieren ließ. Als die Verhandlung nach knapp 80 Minuten diesen Tag beendet wurde und einige der Journalistinnen und Journalisten, die dem Geschehen drinnen gefolgt waren, bald danach in den Park gingen, war die Pressekonferenz bereits beendet.
Der Angeklagte Harvey Weinstein gilt bis zum Beweis des Gegenteils als unschuldig. Die Anklage trägt die alleinige Last, die Schuld zweifelsfrei zu beweisen. Das Urteil der Jury muss einstimmig sein.
Harvey Weinstein hat sich am ersten Tag vor Gericht nicht geäußert. Er hat lediglich seinen Namen zu Protokoll gegeben. Ansonsten saß er stumm und gebeugt auf seinem Platz.
Kurz nachdem der erste Verhandlungstag in New York City zu Ende ging, wurde bekannt, dass gegen Harvey Weinstein auch in Los Angeles Anklage erhoben wurde wegen diverser Sexualstrafdelikten, darunter Vergewaltigung, die er im Jahr 2013 in L. A. an zwei Frauen verübt haben soll, an zwei aufeinanderfolgenden Tagen.
https://ift.tt/39NigWD
2020-01-07 09:33:55Z
52782207919721
Cukup Sekian Informasi Tentang Harvey Weinstein: Stumm und gebeugt | ZEIT ONLINE - ZEIT ONLINE
Anda sekarang membaca artikel Harvey Weinstein: Stumm und gebeugt | ZEIT ONLINE - ZEIT ONLINE dengan alamat link https://kejartayang11.blogspot.com/2020/01/harvey-weinstein-stumm-und-gebeugt-zeit.html